Ein Healey von Emil Frey

Bild©: Rose-Marie Kramer

Es gibt viele Events für Liebhaber von klassischen Oldtimern; doch in meiner Agenda sind die Anlässe bei Emil Frey Classic rot angezeichnet. Verbunden fühle ich mich wegen meines «alten Blechs» der Marke Austin Healey!

Denn als ich im Jahre 2016 dieses Bijou kaufen konnte, ahnte ich nicht, wie sehr sich damit mein Leben verändern würde! Vom Vorbesitzer, einem in der Schweiz lebenden Engländer, habe ich bei Übernahme des Healeys auch einen Koffer voller Bücher über Austin Healey geerbt – insgesamt 30 Kilo! Und ich habe eine Unmenge über die Geschichte dieser Marke gelernt.

Irgendwann wollte ich es genau wissen: Ich ging auf Recherche und suchte nach Spuren meines Healeys. Mit einem Zertifikat von BMIHT (British Motor Industry Heritage Trust) bekam ich es schwarz auf weiss: das Auto wurde vom 13. bis 17.11.1958 in England zusammengebaut und wurde am 21.11.1958 an Emil Frey AG, Zürich/Switzerland ausgeliefert – ein Direktimport England-Schweiz. Das erste Mal eingelöst wurde er im Kanton Zürich und danach verlieren sich die Spuren für einige Zeit …

Die Besitzer ab 1980 konnte ich zwar wieder ausfindig machen. Sie waren ausnahmslos hocherfreut über die Tatsache, dass es a) diesen Healey noch gibt, b) dass er immer noch gefahren wird und c) dies gar von einer Frau! «… dä passt zu Ena!»

Dass Emil Frey im Jahre 1958 dieses wunderbare Auto in die Schweiz importiert hat, empfinde ich irgendwie als besondere Qualitäts-Auszeichnung. Healeys Start ins Leben auf Schweizer Strassen war bei Emil Frey AG somit schon mal von edler Adresse. Dadurch fühle ich mich mit der Firma Emil Frey verbunden und obwohl ich schon unzählige Male im hauseigenen Museum war, bedanke ich mich jedes Mal auf einem Rundgang bei Herrn Emil Frey in stiller Zwiesprache für dieses unglaubliche Gefährt, welches auch 65 Jahre später immer noch so viel Freude und Leidenschaft schenkt!

Text: Rose-Marie Kramer

Interview mit Rose-Marie Kramer, basierend auf ihrer schönen Geschichte:

Die Geschichte zu Ihrem Austin Healey ist sehr emotional und die Liebe zu Ihrem Liebhaberstück ist förmlich spürbar. Wie würden Sie die Beziehung beschreiben, die Sie zu Ihrem Classic Car entwickelt haben? Gibt es besondere Erlebnisse, die Sie damit verbinden?

Im Jahre 2016 habe ich mir diesen wunderschönen Healey gekauft. In einer besonders «dunklen» Phase meines Lebens brachte mir dieses Fahrzeug die Sonnenstrahlen in mein Dasein zurück. AH ist ein richtiger «Heartbreaker» und Türöffner, denn überall, wo wir «vorfahren», freuen sich die Menschen; sie kommen auf uns zu; sie fragen (Männer: wie alt, wie viel PS, wie viele Zylinder) und die Frauen machen mir und AH offen Komplimente (ihnen gefällt die Farbe!). Oder die Menschen erzählen mir aus ihrem Leben. Die Menschen sind mir und meinem Healey ausnahmslos freundlich gesinnt. Jede Ausfahrt ist ein eigentliches Erlebnis und ich zelebriere sie insofern, als ich mich für eine Fahrt im Healey immer chic anziehe. Besonders stolz war ich, als mein Healey an einem «Concours de Sympathie» für Oldtimer zum Publikumsliebling gewählt wurde. Auch die Teilnahme am «Memorial 100 Jahre Klausen-Rennen»: In meinem Healey habe ich den Siegerpreis aus dem Jahre 1923 mitgeführt – eine edle Pendule mit der Aufschrift:  «Klausen-Rennen 1923 – Schnellster aller Tourenwagen auf dem Urnerboden» –, gewonnen von Werner Risch, ein nicht ganz unbekannter Mann in damaligen Rennfahrerkreisen. Eine besondere Ehre für mich und meinen Healey!

Bild©: Jürg Rohr

Wie würden Sie die Bedeutung von Emotionen und persönlicher Verbundenheit beim Besitz eines Classic Cars im Vergleich zu rein rationalen Aspekten wie Leistung oder Wert einschätzen?

Persönlich sind für mich die Emotionen und die Verbundenheit mit diesem «alten Blech» am höchsten einzustufen. Alles Erlebte; einfach unterwegs sein mit diesem Auto ist unglaublich emotional! Es passt einfach im Gesamten und ich empfinde es als grosses Privileg, eines der schönsten Autos fahren zu dürfen! PS zählen hier nicht …

Welche Tipps oder Ratschläge würden Sie anderen Classic-Car-Besitzenden geben, um eine ähnlich starke emotionale Bindung zu ihrem Fahrzeug aufzubauen?

Einfach damit unterwegs sein! Abenteuerliches wagen und einfach mal ne Fahrt ins Blaue machen. Viel unterwegs sein gibt auch Vertrauen ins Fahrzeug!

Welche Rolle spielt die gemeinsame Nutzung Ihrer Classic-Car-Geschichte bei Treffen, Veranstaltungen oder in der Classic-Car-Community?

Positive Geschichten können anderen Mut machen, sich für Oldtimer zu interessieren oder sich gar für einen Oldtimer zu entscheiden.

Welchen Rat würden Sie anderen Frauen geben, die sich für Classic Cars interessieren oder in die Szene einsteigen möchten?

Wende dich an einen dir wohlgesinnten «autofahrenden, frauen-freundlichen» Oldtimer-Fachmann und frage nach deinem Wunsch-Oldie! Dass 95% der Oldtimerfahrer männlich sind, soll dich nicht beeindrucken. Irgendwann findet dich dein Oldtimer – das (andere) Leben beginnt; freue dich daran!

Wie kam es dazu, dass Sie sich für klassische Fahrzeuge interessieren?

Alte Autos finde ich einfach schön – elegant, sportlich, farbig in einer unglaublichen Vielfalt!

Welche Rolle spielt die Geschichte Ihres Classic Cars bei der Pflege und Wartung des Fahrzeugs?

Als ich den Healey übernommen habe, kamen ziemlich viele «Sünden» der Vor-Besitzer ans Tageslicht. Und in der Garage, angesichts aller ausgebauten Teile auf der Werkbank des Mechanikers, stellte sich die Frage: was machen wir nun damit? Da habe ich gesagt: JETZT einfach keinen «Pfusch» und keine Basteleien mehr, denn dieses Auto hat das einfach nicht verdient!

Das eingebaute XK-Jaguar-Getriebe wurde durch ein gebrauchtes, aber original seitengeschaltetes Healey-Getriebe ersetzt, welches wir in England gefunden haben. Nach der ersten grossen Reparatur, welche mich beinahe an den Rand des Ruins gebracht hat, lasse ich nun immer wieder etwas machen. Die eingespannten Fake-Weisswandringli wurden durch echte Weisswandpneus ersetzt. Das defekte Dach wurde komplett erneuert. Die Vorbesitzer haben z.B. im Cockpit alles dezent mit einem Teppich verklebt – dieser wurde durch herausnehmbare Teppiche ersetzt. Die Liste ist noch länger …

Doch Putzen und Polieren ist für mich dann wie Meditation – ich poliere meinen AH sehr gerne!

Bild©: Ueli Moos

Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Schritte, um die Teilnahme und das Engagement von Frauen in der Classic-Car-Szene weiter zu fördern?

Ich könnte mir vorstellen, dass z.B. eine Mode-Show mit Vintage- oder Retrokleidern, präsentiert an einem Oldtimer-Event, Frauen anspricht und sie so in die Oldtimer-Szene kommen. Oder ein Besuch in einem Wellness-Hotel – natürlich mit Klassikern da hin chauffiert …

Welche Bedeutung haben für Sie die Gemeinschaft und das Networking in der Classic-Car-Szene?

Die Oldtimer-Szene ist eine Form von Gemeinschaft und ein guter Platz, um Freundschaften entstehen zu lassen. Dazu braucht es jedoch immer einen Organisator, welcher die Plattform für diese Gemeinschaft bietet. So wie Emil Frey Classics!

Was würden Sie als Ihren stolzesten Moment oder Ihre schönste Erinnerung im Zusammenhang mit Ihrem Classic Car bezeichnen?

Ist es die Ankunft zu Hause nach einer Fahrt von Brescia nach Luzern von über 500 Kilometern «am Rieme» ohne einen Muckser seitens Healey? Oder Stop-and-Go bei 36 Grad oder die nässeste Ausfahrt von 300 Kilometern im Dauerregen, gemischt mit einigen Schneeflocken auf einem Pass? Oder die Luft und die Stille am Ofenpass im goldenen Abendlicht …

Es gibt unzählige von unvergesslichen Momenten in meinem Leben, die ich alle als-Frau-solo-unterwegs-mit-Healey erfahren durfte. Dieses unglaubliche Auto hat mich nie im Stich gelassen; mit ihm habe ich die schönsten Eindrücke und Emotionen erlebt! Seine Zuverlässigkeit hat mich schon zu Tränen gerührt und darum bin ich so verdammt stolz auf meinen Healey! Der Vorbesitzer sagte es bei der Übergabe treffend: es gibt nur ein Leben VOR dem Healey und ein Leben MIT dem Healey!